Quantcast
Channel: Allgemein – Rund ums Rad
Viewing all articles
Browse latest Browse all 92

Das Bike im beheizten Winternest – Fluch oder Segen für das Material?

$
0
0

In der nun kalten Jahreszeit gibt es verschiedene Arten von Fahrradfahrern. Die einen motten ihr Rad über den Winter ein und betreiben Alternativ-Sport, die anderen lassen sich von Minusgraden und schlechtem Wetter nicht vom Fahren abhalten. Oft ist das Rad ordentlich dreckig und steht somit bei eisigen Temperaturen z.B. in der Garage. Manche hingegen schwören auf ein „warmes Nest“ im Haus für ihr bestes Stück. Doch was ist besser für das Rad? Wir haben einige namhafte Hersteller um ihren Rat und Empfehlung gefragt und sind zu einem Ergebnis für euch gekommen. Viel Spaß beim lesen!

Beide Unterbringungsmöglichkeiten haben, laut meiner Theorie, ihre Vorteile. Steht das Rad ununterbrochen bei Außentemperatur in der Garage, so kühlt es weder drastisch ab, noch erwärmt es sich nach dem Fahren wieder extrem. Ist das Rad nun aber bei ca 20° untergebracht, hat dies den Vorteil, dsas Dichtungen und Co nicht dauerhaft extremer Kälte ausgesetzt sind. Nachteil sind wie gesagt die extremen Temperaturunterschiede, wenn es bewegt wird. -> +20° zu -10° führen zu 30° Temperaturabfall und auch Anstieg.

Die große Frage lautet nun, was ist besser für das Material? Ziemlich konstante Temperaturen oder das Vermeiden von dauerhafter, extremer Kälte? Hier die Statements der verschiedenen Hersteller!

 

Statements der Hersteller

Statement von Specialized

Grundsätzlich gilt: Bikes mit Batterien (E-Bike, Di2, eTap, Akkulicht): warm lagern, zumindest bei Plusgraden und zumindest die Akkus.

Bei Bikes ohne Batterien kann es von Vorteil sein, das Bike auf die Umgebungstemperatur der Außenwelt zu bringen. Das gilt vor allem, wenn Schnee liegt; denn an „kalten“ Bikes haftet der Schnee nicht so extrem an (v.a. Schaltung, Kassette etc.)

Es gilt jedoch einige Einschränkungen / Punkte zu beachten:

–        MTB: Dämpferöle (oder Sattelstützen, die mit Hydraulik funktionieren) werden bei Kälte zäher, daher müssen Druck- und Zugstufen evtl. schneller eingestellt werden, damit das Öl leichter fließen kann.

–        Scheibenbremsen: DOT Bremsflüssigkeit ist temperaturstabiler als Mineralöl. In der Praxis gibt es auch mit Discs auf Mineralölbasis bei sehr tiefen Temperaturen keine Probleme.

–        Nabenschaltung: kann bei niedrigen Temperaturen Probleme machen, da das Öl/Fett zäh wird. Rohloff und Shimano bieten Winteröle. Eher nicht draußen stehen lassen.

–        Kettenschaltung: Züge sollten nicht gefettet sein, denn zäh werdendes Fett kann die Reibung so erhöhen, dass die Schaltung nicht mehr funktioniert (Seil wird gebremst).

–        Luftdruck: kalte Luft zieht sich zusammen, Druck im Reifen kann also bei niedrigen Temperaturen geringer sein als im warmen Zustand (daheim) da beim Bike wenig Erwärmung des Reifens durch Fahren (abhängig von Untergrund, Reifen, Fahrweise etc.) und daher kaum nachträgliche Ausdehnung der Luft im Inneren. Daher kann es sinnvoll sein, den Luftdruck bei tiefen Temperaturen etwas zu erhöhen bzw. mit einem digitalen Druckmesser unterwegs zu prüfen, wie es um den Druck bestellt ist.

Gerade beim MTB entscheiden oft wenige Zehntel bar über Traktion, Kontrolle und Fahrgefühl.

Statement von Propain

Wir denken, das Wichtigste ist, das Bike trocken zu lagern. Ansonsten machen Bike und Materialien Temperaturschwankungen eigentlich nichts aus.

Statement von ZEG

An einem Statement unsererseits zu dieser Fragestellung/Thematik haben wir kein Interesse

Statement von Scott-Bikes

Grundlegend ist der Temperaturunterschied für das Rad im Winter nicht der kritische Punkt. Der Wäremausdehnungskoeffizient von den beiden genannten Werkstoffen (CFK u. und Aluminium) ist wie folgt:

–        Aluminium (Durchschnittswert): α(alu) =  23.1 * 10^-6 K

–        CFK (Durchschnitt – und lässt die vielen verschiedenen Paarungen von Faser und Herz komplett unbeachtet): α (CFK) = -0.1 * 10^-6 K

Unter Verwendung der entsprechenden Formel: ΔL = α * L * ΔT

sieht man schnell, dass um eine signifikante Längenänderung, und die damit verbunden Wärmespannung im Material (da sich das Material nicht frei ausdehnen kann), erhalten zu können, muss man sowohl eine hohe Ausgangslänge und einen hohes Mass an Temperaturänderung vorweisen.

Beides ist bei einem Fahrradrahmen, der eine Temperaturänderung von 30 K durchleben muss nicht gegeben.

Folglich sind die Bedenken bzgl. der Temperaturschwankung von 30 K nicht gerechtfertigt.

Was im Winter wesentlich wichtiger ist, sind die Feuchtigkeit (durch die Witterung) und die Chemikalien auf der Strasse (Frostschutzmittel, Strassensalz). Diese Mischung ist relativ ‚aggressiv‘ und greift nicht nur Lack an, sondern führt auch zu einem höheren Verschleiss des Antriebs etc.

Was also wichtig ist: Rad nach der Ausfahrt ‚trocknen‘, von dem Wasser-Streusalz-Gemisch befreien und die entsprechenden Teile mit Wartungsfett pflegen.

Sofern dann die Garage nicht zu hohe Luftfeuchte hat, kann man die Bikes auch dort lagern. Sollte die Garage jedoch sehr feucht sein, sollte man das Rad lieber mit ins Haus nehmen.

E-Bikes

Bezüglich ihrer Frage nach dem Verbleib von E-Bikes im Winter muss man hier die elektrischen Komponenten mit in Betracht ziehen. Hier gilt grundlegend das oben Geschriebene.

Motoren sind bei Kälte eher unproblematisch, da die meisten Bauteile mechanisch sind. Controller und andere elektronische Bauteile sind meist bis weit unter den Gefrierpunkt funktionsfähig. Lediglich die LCD Displays reagieren träge wenn sie kalt sind. Daher ist es empfehlenswert diese mit in die Wohnung / Garage zu nehmen.

Hauptaugenmerk sollte man auf den Akku legen. Je nach Systemanbieter sollte dieser bei Zimmertemperatur, im besten Fall bei 16 – 18°c gelagert und geladen werden. Einige Modelle können nicht unter 5°c geladen werden somit muss hier ein warmer und im besten Fall trockener Ort, Wohnung, Keller oder Garage in Betracht gezogen werden.

Für eine längere Lagerung empfiehlt sich eine Ladung von ungefähr 50-60% Akku Kapazität um ein ausgeglichenes Verhältnis der Zellchemie zu haben.

Durch Einhalten dieser Punkte kann man die Lebensdauer des Akkus positiv beeinflussen.

Unser Fazit

Meine vorigen Bedenken, dass zu große Temperaturschwankungen unter Belastung dem Material schaden, haben sich nicht bestätigt. Scott-Bikes veranschaulichte dies sogar an Wärmeausdehnungskoeffizienten und der zugehörigen Formel zur Ausdehnung, top! In den Augen von Specialized, Propain und Scott ist eine Lagerung bei Außentemperaturen kein Problem sofern es trocken ist. Lediglich wenn Elektronische Teile wie LCD-Displays verbaut sind, sollte der Unterstand im Warmen sein. Will man im Kalten die komplette Performance von Reifen und Federelementen, muss man hier die Einstellungen (Druck/Zugstufe) und Luftdrücke an die Temperaturen anpassen. Apropos Performance, wer seinen Akku über Winter richtig lagern will, sollte ihn auf 50-60 % aufladen, laut Scott sorgt dies für ein ausgeglichenes Verhältnis der Zellchemie

Anbei noch vielen Dank an Scott, Specialized und Propain für die zum Teil sehr ausführlichen und fachlich kompetenten Antworten!

Der Beitrag Das Bike im beheizten Winternest – Fluch oder Segen für das Material? erschien zuerst auf Rund ums Rad | Tested on Trail.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 92